Wenn er Ruhe brauchte und abschalten wollte, ging er am liebsten in den Wald. So war das Buch "Der Alpenwald" auch ein Herzenswunsch von Dietrich Mateschitz. Die Veröffentlichung seines Buchprojekts, das er in seinem Verlag Benevento noch in Auftrag gegeben hatte, erlebte der im Vorjahr verstorbene Red-Bull-Chef allerdings nicht mehr.

"Der Alpenwald ist Lebensraum und Ressource. Vor allem aber ein wunderbares Feld für die Suche nach Erkenntnissen und das Erkennen von Geheimnissen der Natur", erklärt uns Eduard Hochbichler, der Herausgeber des Prachtbands.

Der Forstwissenschaftler, Jahrgang 1958, der am Institut für Waldbau an der Universität für Bodenkultur in Wien forscht und lehrt, berät nationale wie internationale Institutionen im Bereich nachhaltiger Waldwirtschaft. Er untersucht unter anderem, wie sich der Klimawandel auf den Wald auswirkt und wie die Erhöhung des Mischwald- und Totholzanteils Resilienz und Biodiversität deutlich erhöhen.

In den 1970er- und 1980er-Jahren des vorigen Jahrhunderts war das Waldsterben infolge des sauren Regens das Generalthema. Es war die Zeit, als Kraftwerke sorglos Schadstoffe in die Luft ausstießen. Dann wurden Filteranlagen verordnet, für Autos gab es Katalysatoren und bleifreies Benzin, und der Regen war nicht mehr ganz so sauer.

Inzwischen verbesserte sich die Luftqualität, das Umweltbewusstsein stieg. Nun bedrohen allerdings der Klimawandel und die Trockenheit den Wald. "Innovatives, rasches, stetiges Handeln ist notwendig, um in größerem Maße die Bergwälder stabiler zu machen. Eine Methode dafür ist es, die Mischwaldanteile zu erhöhen, die Baumartenvielfalt zu erweitern", sagt Hochbichler.

Mit den steigenden Temperaturen steigen auch die Probleme mit dem Borkenkäfer. Dort, wo es überproportional mehr Fichten gibt, ist das Risiko deutlich höher. Daher wird der Mensch, der den Wald bewirtschaftet, die Fichtenanteile regional anpassen müssen.

In Österreich ist der Waldanteil seit den 1970er-Jahren stetig gestiegen, in den letzten zehn Jahren nahm die Waldfläche täglich um sechs Hektar zu. So beträgt die Waldfläche in Österreich heute mehr als vier Millionen Hektar, was 47,9 Prozent der Staatsfläche Österreichs entspricht.

Symbiotische Verbindung: Pilze und Bäume
Symbiotische Verbindung: Pilze und Bäume © Benevento/Georg Kukuvec

Weltweit sind allerdings rund 35 Prozent der Waldbedeckung verloren gegangen, und bei 82 Prozent der übrigen Waldbedeckungen hat sich nach Angaben der UNO der Zustand verschlechtert. Dabei ist der Wald nicht nur die Lunge des Planeten, sondern auch Apotheke und Speisekammer für uns Menschen. Aus dem Wald kommen 25 Prozent der in westlichen Ländern genutzten Heilmittel, mit mehr als 50.0000 Pflanzen, die zu Medikamenten beitragen.

Zuletzt war oft von einem unterirdischen Kommunikationsnetzwerk die Rede, vom WoodWideWeb, quasi einem Internet des Waldes, in dem sich alles mit allem vernetzt: Feine Pilzfäden ziehen sich durch den Walduntergrund. „Pilze und Bäume bilden eine faszinierende Lebensgemeinschaft, es ist eine symbiotische Beziehung“, sagt Eduard Hochbichler. Die Pilze machen Bäume resistenter gegenüber Trockenheit und schädlichen Umwelteinflüssen, die Pilze beziehen ihre Nährstoffe vom Baum. Die Allianz von Pilz und Baum ist ein rätselhaftes Forschungsfeld, das noch genau beackert werden muss.