Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 25.04.2017:
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Denkwerkstatt und Mobilitätslabor für smarte City Logistik

Hafen Wien und BOKU starten den Thinkport Vienna

Copyright: David Bohmann

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Hafen Wien und BOKU starten den thinkport VIENNA - Güterlogistische Innovationen in Wien entwickeln, testen und umsetzen

Wien ist eine lebendige Stadt voller Möglichkeiten. Städte wie Wien schaffen Wohlstand, bieten Chancen für die Wirtschaft und können natürliche Ressourcen besonders effizient nutzen. Weltweit zieht es immer mehr Menschen in die Städte, wo heute bereits drei Viertel aller Energie verbraucht und 80 Prozent aller Treibhausgase ausgestoßen werden. Im Jahr 2050 werden zwei von drei Menschen in Städten leben. Das stellt Städte wie Wien vor große Herausforderungen in nahezu allen Bereichen, die für das Funktionieren einer Stadt bei höchster Lebensqualität für die Menschen entscheidend sind.

Die Smart City Wien hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Herausforderungen anzunehmen und erfolgreich zu meistern. Das übergeordnete Ziel ist, beste Lebensqualität für alle WienerInnen langfristig zu garantieren und dabei die Ressourcen durch smarte Technologien, Systeme, Konzepte und Lösungen zu schonen. Der Logistikbereich und vor allem die Logistik in der Stadt spielen für eine Smart City eine wichtige Rolle. In der Smart City Strategie der Stadt Wien wurde das Ziel festgelegt, den Wirtschaftsverkehr, der seinen Ausgangspunkt bzw. seine Ziele innerhalb des Stadtgebietes hat, bis 2030 weitgehend CO2-neutral zu gestalten. Die BOKU hat für die Inititiative „Innovatives Wien 2020“ die Vorschläge eMobilität und eLogistik sowie Management biogener Stoffkreisläufe in den Themenradar eingebracht.

„Es freut mich ganz besonders, dass der Hafen Wien als zentraler Logistik-Hub und die Universität für Bodenkultur Wien eine intensive Kooperation eingehen und den sogenannten thinkport VIENNA starten. Als Denkwerkstatt und Mobilitätslabor ist es das Ziel der Initiative, gemeinsam mit PartnerInnen praxisorientierte und gesellschaftlich getragene Lösungen für eine ressourcen- und umweltschonende Logistik für die Stadt zu entwickeln, zu bündeln, für die Praxis tauglich zu machen und im Alltag zu erproben“, so Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner bei der Präsentation dieser Initiative im heutigen Mediengespräch des Bürgermeisters.

Ideen, Konzepte und Projekte entwickeln, bündeln, in der Praxis testen und umsetzen

Der thinkport VIENNA ist eine Denk- und Innovationswerkstatt sowie ein offenes Mobilitätslabor, das sich mit den Herausforderungen der Logistik in urbanen Ballungsräumen umfassend und langfristig auseinandersetzt. Die Initiative will Katalysator, Inkubator und Multiplikator für neue Technologien, Prozesse, Dienstleistungen und Wissen sein, um güterlogistische Innovationen zu unterstützen.

„Der Hafen Wien mit seinem riesigen Areal dient dabei als reale Testumgebung, um mit PartnerInnen aus Forschung, Wirtschaft und Stadtverwaltung innovative, komplexe Konzepte, Prozesse und Technologien methodisch zu entwickeln, zu evaluieren und in Form von Pilotprojekten in der Praxis sowohl im Hafen Wien wie auch in der Stadt auszuprobieren“, so Doris Pulker-Rohrhofer, Geschäftsführerin des Hafen Wien.

In Österreich werden derzeit fünf Mobilitätslabore aufgebaut. Jenes in Wien ist das einzige, das sich ausschließlich auf Güterverkehr und Logistik fokussiert. „Das urbane Mobilitätslabor thinkport VIENNA ist ein Beitrag der BOKU, wissenschaftlich fundierte, nachhaltige Logistiklösungen für die Stadt der Zukunft zu entwickeln“, so Josef Glößl, Vizerektor der Universität für Bodenkultur Wien.

Die Initiative thinkport VIENNA wird im Rahmen des Forschungsförderungsprogramms „Mobilität der Zukunft“ durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) gefördert.

Transportieren, umschlagen, lagern, liefern: Auf möglichst kurzen Wegen, umweltfreundlich und ressourcenschonend

In der Praxis geht es um eine zukunftsorientierte, integrative und smarte Planung und Entwicklung nachhaltiger Verkehrsinfrastrukturen sowie um die Einrichtung und Etablierung smarter Logistikumschlagknoten mit dem besonderen Fokus auf die „letzte Meile“. Transportieren, umschlagen, lagern, liefern – und das auf möglichst kurzen Wegen sowie in einer Art und Weise, die den Flächenverbrauch und die Ressourcen schont. Das ist eines der zentralen Themen, um die sich viele mögliche Pilotprojekte drehen. Im Zeitalter von Digitalisierung und Dekarbonisierung (Umstellung auf umweltfreundliche Energieträger) spielen dabei auch neue Technologien vielfach eine entscheidende Rolle.

Die Palette möglicher Projekte reicht von der Logistik für Biolebensmittel und deren umweltfreundlicher Auslieferung an EndkundInnen in der Stadt über die computerunterstützte Lager-Logistik bis hin zum Test von selbstfahrenden Lkw im Hafenareal. Dazu kommen Initiativen, um das Problembewusstsein für das Thema Logistik bei der Bevölkerung zu schärfen, indem erklärt wird, wie Logistik funktioniert: zum Beispiel von der Online-Bestellung eines Produktes bis zur Lieferung des Pakets an die EmpfängerInnen. Auch soll sich der Hafen Wien verstärkt als Standort für Start-ups aus dem Logistikbereich positionieren.

Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Stadtverwaltung: Offene Plattform für alle logistikaffinen PartnerInnen

Der thinkport VIENNA versteht sich als offene und breite Plattform, die sich an Unternehmen und Organisationen wendet, die an Innovationen im Bereich nachhaltiger urbaner Logistik interessiert sind. Dazu zählen neben der gesamten Verkehrs- und Logistikbranche auch alle Wirtschaftstreibenden, für die eine funktionierende Logistik eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist – vom Handelskonzern bis zum Handwerksbetrieb. Eine besonders wichtige Zielgruppe sind auch entsprechende Start-up-Unternehmen als Innovationsmotoren sowie die Stadtverwaltung mit ihren logistikrelevanten Organisationseinheiten.

Beim thinkport VIENNA mit dabei sind bereits folgende nationale und internationale Unternehmen als Letter-of-Intent-PartnerInnen: Heavy Pedals (Lastenradtransport und -verkauf OG), Effizienzcluster Management GmbH-Mülheim an der Ruhr (Deutschland), G. Zoubek-Vertriebs-KG (Adamah), iMinds Living Labs der Ghent University (Belgien), NetPort Science Park AB (Karlshamn, Schweden), Scania Österreich Ges.m.b.H., Stadt Wien, Magistratsdirektion - Bauten und Technik (Stadtbaudirektion), StoreMe GmbH (Österreich), Sustain SA, Australian Living Labs Innovation Network (Australien), WIENER LINIEN GmbH & Co KG, Wirtschaftskammer Wien (Sparte Transport und Verkehr).

Beispiel-Pilotprojekt: Umweltfreundlich und ressourcenschonend „auf der letzte Meile“

Im Fokus steht die Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte im urbanen Raum. Konkret geht es um Verteilzentren in der Stadt, in denen Produkte gesammelt und gelagert werden, um von dort – im Optimalfall mit Hilfe emissionsfreier oder emissionsneutraler Gütertransportmittel – zu den EndverbraucherInnen gebracht zu werden. Für diese Verteilzentren sollen in erster Linie bestehende Infrastrukturen genutzt werden, wie zum Beispiel Parkhäuser, nicht genutzte Innenhöfe, leerstehende Geschäftslokale zur Wiederbelebung der Erdgeschoßzone oder freie Werkstätten und Lagerräume. Ein zusätzlicher Flächenverbrauch und eine zusätzliche Flächenversiegelung wären damit also kaum verbunden.

In einzelnen Pilotprojekten sollen die Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten für solche alternativen Versorgungskonzepte geprüft werden. Und es wird evaluiert, wie praxistauglich solche Konzepte sind und wie hoch ihr Beitrag zu einer emissionsreduzierten Logistik in der Stadt ist. Mit dem Biohof Adamah und den Heavy Pedals läuft bereits das erste Pilotprojekt. Mit dem Adamah BioKistl wird die CO2-neutrale Zustellung von Gemüse und Obst sowie einer großen Palette weiterer Lebensmittel frei Haus angeboten. Alle Lebensmittel stammen aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft. Die Zustellung wird in Wien bereits mit Heavy Pedals (Lastenfahrrädern) bzw. anderen umweltfreundlichen Transportvarianten erprobt.

Beispiel-Pilotprojekt: „Paketraum“ Weg mit dem „gelben Zettel“ – das Packerl aus dem Paketraum ums Eck

Jeder kennt das Problem: Ganz schnell ist online ein Produkt bestellt. Nur bei der Lieferung ist niemand zu Haus, der das Paket übernimmt. Die Entkoppelung von Lieferung und Annahme von Paketsendungen ist eine logistische Herausforderung. Denn erfolglose Zustellversuche führen zu zusätzlichen Wegen und zusätzlichem Aufwand für die EmpfängerInnen genauso wie für die VersenderInnen.

Eine gute und bereits vorevaluierte Lösung sind sogenannte Paketräume. Dabei handelt es sich um einen Raum mit unterschiedlich großen Schließfächern für die Hinterlegung von Paketen, zustellerneutral – also offen für alle Pakete, egal von welcher Zustellfirma sie kommen. Schon bei der Bestellung der Ware geben die KundInnen an, in welchen Paketraum geliefert werden soll. Der Zutrittscode für den Paketraum sowie der Code für das Öffnen des Schließfaches werden via SMS oder Mail übermittelt. In den Paketräumen soll es auch Packstationen geben, über die der Versand von Paketen möglich ist.

Paketräume könnten in leerstehenden Geschäftslokalen eingerichtet werden oder auch als In-House Lösung in Wohnhausanlagen. Auch mit PostpartnerInnen, Cafés, Einkaufsservices, Wäschediensten, um nur einige Beispiele zu nennen, wären Kooperationen sinnvoll. Wichtig ist ein engmaschiges Netz. Denn es geht darum, dass die Paketräume leicht und schnell erreichbar sind. Die „Packerl“ sollen bei der Erledigung der täglichen Wege abgeholt werden können.

Derzeit wird ein entsprechendes Pilotprojekt konzipiert. Einer der PartnerInnen aus der Wirtschaft steht bereits fest und wird StoreMe sein, um eine entsprechende nutzerfreundliche Web- und App-basierte Anwendung zu entwickeln. Mit StoreMe kooperiert der Hafen Wien bereits seit geraumer Zeit. Das junge Start-up-Unternehmen vermittelt freie Lagerflächen für Privatpersonen und Unternehmen online per Mausklick. So konnte mit Hilfe von StoreMe zum Beispiel das Tiefkühllager im Hafen Wien durch die Partnerschaft mit einer Eisfabrik ausgelastet werden.

Beispiel-Pilotprojekt: Autonomes und automatisiertes Fahren im Gütertransport

Die Zukunft des Gütertransports liegt im automatisierten und autonomen Fahren. Darüber sind sich ExpertInnen einig. Die Frage ist, wie weit das Vertrauen in solche Technologien geht und wie hoch letztendlich ihre Akzeptanz ist. Effizienzsteigerung, Versorgungsoptimierung und Emissionsreduzierung stehen Sicherheitsbedenken und ethischen Fragen gegenüber.

Unter Laborbedingungen sollen in einem gesicherten Rahmen und Raum entsprechende Versuche mit autonom fahrenden Fahrzeugen unternommen werden, um deren Praxistauglichkeit zu evaluieren. In einem ersten Schritt ist eine Versuchsstrecke im Containerterminal des Hafen Wien angedacht. Dabei sollen Fahrzeuge zwischen In- und Out-Gate autonom fahren und somit die Sicherheit innerhalb der Umschlagfläche erhöht werden.

Die Erkenntnisse sollen auf deren Übertragbarkeit auf Shuttle- und Trucking-Services zwischen unterschiedlichen Standorten hin geprüft werden. Das breite Spektrum an multifunktionalen Räumen und Flächen im Hafen Wien eröffnet vielfältige Möglichkeiten. Von autonomen Zustelldiensten und Versuchsfahrten mit autonom fahrenden Fahrzeugen bis hin zur Erprobung von Robotern am Hafengelände ist nahezu jede Nutzungsmöglichkeit gegeben. Denn der Hafen Wien betreibt eines der größten Lagerzentren Österreichs mit einer Hallen- und Freilagerkapazität von rund 270.000 m². Als größter Anbieter von Logistikflächen in Wien verfügt der Hafen über 300 Hektar Grundfläche, auf denen über 100 Unternehmen angesiedelt sind. Die geografische Lage macht den Hafen Wien zum wichtigsten Knotenpunkt entlang der Donauachse und spielt als Hub nach Südosteuropa auch in der Donauraumstrategie der EU (EUSDR) eine bedeutende Rolle.

Die vorhandenen Flächen und die vielfältige Infrastruktur des Hafens bilden eine ideale Umgebung, um potenzielle Innovationen im Vorfeld und/oder Echtbetrieb vorab zu testen und zu analysieren – so auch das autonome Fahren. Ein Pilotprojekt zum autonomen Fahren wird derzeit konzipiert. Im nächsten Schritt sollen entsprechende TechnologiepartnerInnen und FahrzeugherstellerInnen an Bord geholt werden.

Beispiel Pilotprojekt: Logistik Rodeo zur Bewusstseinsbildung

Eine Ware ist schnell online bestellt und ziemlich rasch ist sie auch bei den KundInnen, oft innerhalb von 24 Stunden. Doch wie sehen die logistischen Schritte und Herausforderungen dazwischen aus? Welche Auswirkungen auf Umwelt und Stadt haben unsere Logistiksysteme und wie kann man sie optimieren?

Beim Logistik Rodeo (© Adamah) ist man mit einem speziell adaptierten Bus durch die Stadt unterwegs und erlebt live, wie Logistik in der Stadt funktioniert. Der Bus besteht im vorderen Teil aus einem Passagierabteil und im hinteren Teil aus einem Frachtabteil. Ein Guide erzählt, wie die Stadt logistisch funktioniert, welche Warenmengen bewegt werden, wie die Zukunft der urbanen Logistik aussehen kann. Gleichzeitig erlebt man, wie ausgeliefert wird, um die Funktionen und Herausforderungen des täglichen Logistikbetriebes kennenzulernen. Das Spektrum reicht von der Lebensmittelzustellung bis zum Paket. Während der Tour werden neue Technologien vorgeführt, um Menschen damit zu konfrontieren und Meinungen und Ideen einzuholen. Auch dieses Pilotprojekt wird derzeit konzipiert.

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