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Der Borkenkäfer, der Feind der Fichten

Von Alfons Krieglsteiner, 30. August 2018, 00:04 Uhr
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Bild: (Alexander Schwarzl)

LINZ. Der Käfer frisst unsere Wälder auf. Was macht den fünf Millimeter großen Schädling so gefährlich? Die OÖNachrichten beantworten die wichtigsten Fragen.

Der Borkenkäfer ist der Schrecken der Forstwirtschaft. Eine Million Kubikmeter Schadholz hat er heuer in Oberösterreich schon angerichtet. Was ist die Ursache der Massenvermehrung? Ist die Fichte noch zu retten? Welche ökologische Bedeutung hat das fünf Millimeter große Insekt? Die OÖN beantworten die wichtigsten Fragen.

 

1. Welche Borkenkäferart verursacht die Massenschäden?

In Europa gibt es 300 Borkenkäferarten. Der große Forstschädling in Mitteleuropa ist der Buchdrucker, benannt nach den an ein Schriftbild erinnernden Gängen, die er ins Holz frisst. Er befällt Fichten, die unter Trockenstress leiden oder bereits absterben.

 

2. Wann kommt es zur Massenvemehrung?

Immer dann, wenn der Käfer etwa nach Windwürfen genug Brutmaterial findet. Auch die Witterung muss passen: ausbleibende Niederschläge und hohe Rindentemperaturen um 30 Grad.

 

3. Gab es schon früher Massenvermehrung?

Seit dem Mittelalter sind sie bekannt. Mit einem gravierenden Unterschied: Noch vor 60 Jahren kam die Fichte nur in höheren Lagen vor, wo sie seltener dem Dürrestress ausgesetzt ist und weitgehend gesund bleibt. Und gesunde Bäume werden in der Regel nicht befallen.

 

4. Hat der Käfer eine ökologische Funktion?

Er bringt kranke Bäume schneller zum Absterben und zersetzt bereits abgestorbene im Eiltempo. Dadurch dringt mehr Sonnenlicht zum Waldboden, der Aufwuchs gedeiht besser. Durch die Zersetzung werden den Bäumen Nährstoffe rascher verfügbar.

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Bild: Alexander Schwarzl

 

5. Befällt der Käfer auch andere Baumarten?

Der Buchdrucker ist an die Fichte angepasst, zur Not nimmt er auch mit Lärche und Kiefer vorlieb.

 

6. Was ist bei der Bekämpfung am wichtigsten?

Befallene Bäume möglichst frühzeitig erkennen (am typischen "Bohrmehl"), sofort aus dem Wald bringen und entrinden. Speziell in tieferen Lagen sollte man mit Laubbäumen aufforsten (Eiche, Buche), nur in höheren Lagen kann die Fichte überleben.

 

7. Im Nationalpark Kalkalpen wird der Käfer geduldet. Eine Gefahr für die Anrainer?

Dort wird das Käfer-Aufkommen durch ein Monitoring der Wiener Boku mit der Nationalparkverwaltung und dem Land OÖ intensiv kontrolliert. Es gibt eine naturbelassene Kernzone und eine "Pufferzone". Sie hält 500 Meter Abstand zu angrenzenden Wäldern – das entspricht der Ausbreitungsdistanz einer Käferpopulation.

 

8. Was ist bei der Lagerung von Käferholz zu beachten?

Innerhalb der ersten zwei Wochen der Lagerung sind noch alle Käfer im Holz, in der Zeit muss man die Bäume entrinden, um den Käfer dadurch abzutöten. Es gibt auch mit einem Kontaktinsektizid imprägnierte Netze zum Abdecken, doch das Gift ist auch für Gegenspieler des Käfers tödlich.

 

9. Welche natürliche Feinde hat der Borkenkäfer?

Spechte, Ameisenbuntkäfer, Jagdkäfer, räuberische Fliegen (Langbeinfliegen) und Schlupfwespen, vor allem aber Pilze, Bakterien, Viren. Doch der Buchdrucker befällt die Stämme zu einem frühen Zeitpunkt, wo das Gewebe noch steril ist und ihm von den Erregern kaum Gefahr droht.

 

10. Wann war die bisher größte Massenvermehrung?

Sie traf in den Jahren 1916 bis 1923 das Reichraminger Hintergebirge mit einer Schadholzmenge von zwei Millionen Kubikmetern. Ursache war der gewaltige Orkan im Herbst 1916. Seit den 1990er-Jahren häuften sich dann die Käfer-Invasionen. 2007/2008 fielen ihm bundesweit drei Millionen Festmeter Holz zum Opfer.

 

11. Welche Folgen hat die Massenvermehrung heuer für die Waldbesitzer?

Die finanziellen Verluste sind wegen des Preisverfalls beim Rundholz eklatant, es müssen bereits Fichtenbestände geschlägert werden, die längst noch nicht erntereif waren. Hinzu kommt die Verstimmung über manche Waldbesitzer, die beim Beseitigen der Schadbäume nachlässig waren. Oft fehlt es auch bei großen Forstbetrieben am nötigen Personal, um Käferbäume rechtzeitig aufzuspüren, und vielen Landwirten lässt die Sorge um den agrarischen Sektor weniger Zeit für die Waldpflege.

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Borkenkäfer

PDF-Datei vom 29.08.2018 (34.668,15 KB)

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Daten und Fakten

Der Buchdrucker vermehrt sich exponenziell: Ein einzelnes Weibchen legt rund 50 Eier, aus denen gleich viele Männchen und Weibchen schlüpfen. Bei drei Käfergenerationen im Jahr kann ein Weibchen unter optimalen Bedingungen 100.000 Nachkommen haben.

Mindestens 40 Jahre muss eine Fichte alt sein, um vom Buchdrucker befallen zu werden. Erst dann sondert der Baum im gestressten Zustand die nötigen Duftstoffe ab, die den Käfer anlocken.

Die Elterngeneration überwintert und legt im April/Mai nacheinander zwei Bruten an. Diesen Zyklus wiederholt das Elternpaar im Juni/Juli ein weiteres Mal. Gleichzeitig kommen die Tochtergenerationen zur Vermehrung. Eine dritte Generation schlüpft Ende August und überwintert in Fichten.

Eine Million Kubikmeter Schadholz hat der Buchdrucker heuer schon angerichtet. Das entspricht einem fünf Meter hohen Holzstapel von 80 Kilometern Länge.

Weitere heimische Borkenkäferarten: Ulmensplintkäfer, Großer Waldgärtner, Kiefernborkenkäfer, Kleiner Tannenborkenkäfer, Kleiner Fichtenbastkäfer und Kupferstecher (er legt sternförmige Muttergänge in Fichten an, ist halb so groß wie der Buchdrucker und viel weniger schädlich).

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9  Kommentare
9  Kommentare
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Naturhueter (109 Kommentare)
am 30.08.2018 13:04

Grundsätzlich ist der Mensch der Feind der Fichte und nicht der Borkenkäfer. Der Mensch hat aus betriebswirtschaftlichen Denken und Handeln das Problem selbst geschaffen.
Das absterben der Fichten ist dabei nur das Sichtbare des Eisbergs.

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zuckerruebe (228 Kommentare)
am 30.08.2018 10:07

Weshalb platziert(e) man prophylaktisch im Wald keine Fangkästen? (mit Lockstoffen). Habe solche im Frühjahr im Salzkammergut gesehen. Hat sich damit der Redakteur befasst?

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il-capone (10.383 Kommentare)
am 30.08.2018 12:56

Die Phermonfallen zeigen nur den Grundbestand an, taugen aber nicht als effektive Käferfallen.
Es kann durchaus sein, dass die Fallen nur 200m von Hotspots der Frassflächen fast leer bleiben, weil das Holzmaterial attraktiver ist.

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kronikarl (881 Kommentare)
am 30.08.2018 09:32

Wenn der Borkenkäferexperte in Pkt. 8 anführt,dass das imgrägnierte Netz auch für die Gegenspieler d. Käfers tödlich ist, so fehlt mir doch die Verhältnismäßigkeit, wenn kleinere Wirkungen größerem Nutzen vorgezogen werden!
Einige Passagen in Pkt .11 sind für mich unverständlich!

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pepone (60.622 Kommentare)
am 30.08.2018 08:00

ich habe mal vor vielen Jahren gehört dass man Bäume mit einer Spritze vor Schäden bewahren kann .
wer weiss bescheid ?

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il-capone (10.383 Kommentare)
am 30.08.2018 13:02

Eine Injektions-Spritze wirds wohl nicht gewesen sein.
Wohl eher eine Sprühspritze, mit der man die Rinde chemisch einnebelt, die die anfliegenden Käfer tötet.
Wie schon das beschriebene präparierte Netz.

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alt-solo (79 Kommentare)
am 30.08.2018 07:03

Sehr guter Artikel, Vielen Dank für die kompakte Info für einen „Wald-Laien“

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il-capone (10.383 Kommentare)
am 30.08.2018 06:30

Dieser Käfer ist die schlecht schmeckende Medizin für die Anhänger derjenigen Bequemen, die noch in den letzten Jahrzehnten bei der Verjüngung auf die Geld- u. Arbeits-sparende Fichte gesetzt haben.
Sie erinnern mich an die allgegenwärtigen Weichdrogen-Abhängigen.
Komfort jetzt - nach mir die Sintflut.

Wohl bekomms ...

In der Zwischenzeit wächst bei mir die Mischwaldverjüngung langsam in die Nutzungsphase rein 👍

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Stoiko (1.337 Kommentare)
am 30.08.2018 08:52

Mischwälder finde ich auch wesentlich erholsamer als reine Fichtenwälder

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