Studienleiterin Riefler: „Wer Gefühl hat, selbst einen Nutzen zu haben, ist vielleicht bereit, freiwillig zu reduzieren."

Wer Konsumverzicht als persönlich bereichernd empfindet, lässt auch manche Einkaufstour zugunsten des Klimas aus (c) pixabay

Über die negativen Auswirkungen des Lockdowns für die Menschen in Österreich wurde vielfach berichtet. Die positiven Auswirkungen des Leisetretens auf Emissionen, Tierwelt und Klima sind ansatzweise bekannt. Doch gab es abseits des Klimabeitrags weitere Aspekte während der Zeit des allgemeinen Verzichts, die die Österreicher*innen positiv erlebt haben? Können diese Erfahrungen für die Zukunft ein Umdenken im Konsumverhalten bringen? Diesen Fragen ist eine aktuelle Studie am Institut für Marketing und Innovation an der BOKU in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Wirtschaftspsychologie der Universität Duisburg-Essen (Deutschland) nachgegangen.

Fast 80% berichten auch von positiven Erfahrungen mit dem Lockdown

In einer ersten österreichweiten Befragung von 420 Haushalten vor der Krise (im Jahr 2019) zeigte sich, dass freiwilliger Konsumverzicht überwiegend aus Ich-bezogenen Gründen stattfindet – klassisch ist der Verzicht auf Ungesundes während der Fastenzeit. Reduktion oder Verzicht aus anderen Gründen, wie etwa dem Klimaschutz, wurde im Vorjahr nur vereinzelt genannt. „Verzicht und Mäßigung sind in unserer Gesellschaft generell keine populären Werte. Verzicht ist häufig negativ besetzt und mit der Einschränkung der persönlichen Freiheit gleichgesetzt. Gleichzeitig wird erkannt, dass man sich durch weniger manchmal persönlich etwas Gutes tut,“ erkläutert die Studienleiterin Univ.Prof. Dr. Petra Riefler. 

Genau an diesem Gedanken setzte eine zweite Befragung nach dem Lockdown (Mai 2020) an, in der 278 Haushalte aus der ersten Befragung nach angenehmen Erfahrungen während des Lockdowns befragt wurden. Und siehe da, rund 80% alle Befragten konnten dem Lockdown auch positive Aspekte abgewinnen. Die häufigsten Nennungen waren ein Gefühl von persönlicher Freiheit und geistigem Wohlbefinden, gefolgt von finanzieller Entlastung durch weniger Konsum. Häufig wurden in dem Zusammenhang von „zur Ruhe kommen“ und einer stärkeren Verbindung mit der Natur berichtet. 

Jede/r Zweite/r kann sich vorstellen, in Zukunft für die Umwelt Konsumverzicht zu üben

Konsumreduktion wird, neben dem Einsatz von erneuerbaren Rohstoffen und technologischen Effizienzsteigerungen, von Expert*innen als unumgänglich für eine nachhaltige Zukunftsentwicklung gesehen. „Während Appelle etwa für weniger Flugreisen, Fleischkonsum, oder billige Mode häufig auf Gegenargumente und Widerstand stoßen, stellt sich die Frage, ob positive Erfahrungen der Konsumreduktion auf persönlicher Ebene auch den Weg für die Zukunft bereiten können. Wer das Gefühl hat, selbst davon etwas zu haben, ist vielleicht auch bereit, freiwillig zu reduzieren“, so Riefler. 

Die Frage, ob man sich nach der Erfahrung während der Ausgangsbeschränkungen auch in Zukunft vorstellen könnte, für den Klimaschutz den eigenen Konsum bewusst zu reduzieren, bejahten 52 Prozent der Befragten. 1 von 3 Personen gab an, dass es nach dem Erleben des Lockdowns künftig leichter fällt, auf Dinge zu verzichten, als zuvor. Darunter sind Personen aller Altersgruppen und Bildungsschichten, auch Männer und Frauen unterscheiden sich hier nicht. Worauf in Zukunft konkret verzichtet wird, ist divers und lässt kein generelles Bild erkennen. Shopping ohne konkreten Bedarf, Flugreisen, Kleider- und Schuhkauf wurden vermehrt genannt, daneben gibt es viele andere Ideen. Was davon in Tat umgesetzt wird – und was davon eine Bekundung des guten Willens bleibt – wird die Zukunft weisen.  

Kontakt / Rückfragen: 
Univ. Prof. Dr. Petra Riefler
Institut für Marketing und Innovation
Universität für Bodenkultur Wien
+43 1 47654 – 735 11
 petra.riefler(at)boku.ac.at