Schnittstelle zwischen Umwelt und Wirtschaft

Was tun mit dem Müll? Einschlägige Experten sind gefragt.
Was tun mit dem Müll? Einschlägige Experten sind gefragt. (c) Pixabay
  • Drucken

Seit Ende der 1980er-Jahre gibt es in Österreich Abfall- und Umweltberater. Die erste Generation wird inabsehbarer Zeit in Pension gehen. Nachwuchs ist dringend gefragt.

Zwischen Abfall- und Umweltberatern gibt es in Österreich keine klare Abgrenzung“, sagt Matthias Neitsch, Geschäftsführer des Verbands Abfallberatung Österreich (VABÖ). Das Berufsbild gibt es seit Ende der 1980er-Jahre, als die Arge Müllvermeidung die ersten einschlägigen Ausbildungen dazu angeboten hat. Seit damals sind in Österreich 350 Abfall- und Umweltberater tätig. „Diese sind alle im gleichen Alter und werden zur gleichen Zeit in Pension gehen. Wir brauchen also unbedingt Nachwuchs“, sagt Neitsch.

Kriterienkatalog in Arbeit

Das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus arbeitet mit der VABÖ sowie der Verpackungskoordinationsstelle VKS an einem Kriterienkatalog für dieses Berufsbild. „Auch die Arge Müllvermeidung ist wieder mit im Boot“, sagt Neitsch. Herauskommen sollen auch Ausbildungen, die sich dem Thema Nachhaltigkeitsberatung widmen. Bis dahin sind vor allem Absolventen diverser Studiengänge in diesem Bereich engagiert. Zum Beispiel Studenten des Joint International Masters in Sustainable Development, der von der Universität Graz sowie den Unis Leipzig, Utrecht und Venedig abgehalten wird. „Das Kursangebot im Rahmen des Studiums selbst ist relativ breit gefächert und deckt neben dem internationalen Nachhaltigkeitsdiskurs auch Themen wie nachhaltige Innovationen, Abfallmanagement, Controlling unter ökologischen Gesichtspunkten, strategisches Nachhaltigkeitsmanagement oder Entscheidungsverhalten ab“, erklärt Thomas Brudermann, akademischer Koordinator des Studiengangs. Man bilde keine Abfallberater aus; die Studierenden könnten sich aber im Rahmen des Studiums spezialisieren. Brudermann ist überzeugt davon, „dass wir in Österreich mehr Spezialisten wie beispielsweise Umweltberater und Nachhaltigkeitsmanager, aber auch mehr Generalisten brauchen, die die Schnittstellen zwischen Umwelt, Sozialem und Wirtschaft bedienen – und das auf allen Ebenen, also Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.“ Beispiele wie die Diskussionen rund um das Staatsziel Wirtschaft oder die dritte Piste in Schwechat zeigen für Brudermann, dass der Nachhaltigkeitsgedanke noch nicht bei allen Entscheidungsträgern angekommen ist beziehungsweise im politischen Diskurs bis zur Unkenntlichkeit verwässert wird.

Den Bedarf an mehr Fachpersonal unterstreicht man auch an der FH Technikum Wien, unter anderm, weil das Bewusstsein in der Gesellschaft, vor allem bei den Jüngeren, wachse: „Unser Lifestyle und die Wegwerfgesellschaft lassen sich mit den großen ökologischen Kreisläufen einfach nicht mehr vereinbaren. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft wäre auch aus ökonomischer Sicht äußerst wünschenswert“, sagt Martina Ortbauer, interimistische Leiterin des Master-Studiengangs Technisches Umweltmanagement und Ökotoxikologie. Vermittelt werden darin unter anderem die wichtigsten ökologischen Zusammenhänge. „Vor allem in den Lehrveranstaltungen Nachhaltiges Produktmanagement, Abfallmanagement, Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft, Recyclingtechnik sowie Umweltmanagementsysteme erhalten Studierende die notwendige Basis für ihr späteres Berufsleben.“ Darüber hinaus können sich Studierende für die weiterführende Ausbildung zum Abfallbeauftragten und Umweltbeauftragten Teile des Studiums anrechnen lassen.

Keine Ausbildung deckt alles ab

Studierende der Studienrichtung Umwelt- und Bio-Ressourcenmanagement an der Boku haben durch Befragung von rund 400 Abfallberatern Ausbildungsmöglichkeiten für kommunale Abfallberater in Österreich erhoben. Daraus geht hervor, dass in Österreich ein breites Spektrum verfügbar ist. Doch keine Ausbildung kann alle Anforderungen abdecken. Die größten Übereinstimmungen gab es im Erwachsenenbildungsbereich beim Ausbildungskurs zur verantwortlichen Person, der vom Österreichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverband angeboten wird. Dort findet man zahlreiche Qualifizierungsmöglichkeiten, vom Abfallbeauftragten über Anlagen- und Umweltrecht bis hin zum abfallrechtlichen Geschäftsführer. Auch das Wifi bietet Kurse zur verantwortlichen Person an, aktuell in Vorarlberg, Tirol und Wien.

Im FH-Bereich punktet vor allem die FH Burgenland mit ihrem Bachelor-Studiengang Energie- und Umweltmanagement mit den größten Übereinstimmungen. „Die Nachfrage nach Experten für nachhaltige Lösungen wächst“, sagt Studiengangsleiter und Rektor der FH Burgenland Gernot Hanreich. Seine Absolventen arbeiten in Energieunternehmen, Umweltschutzorganisationen oder technischen Büros in den Bereichen Gebäudetechnik, Energie- und Umwelttechnik sowie Ökologie und Umweltmanagement. Hanreich hebt die „Dialogfähigkeit mit anderen Fachbereichen“ hervor. „Neben technischen Fächern werden sie in den Bereichen Wirtschaft, Recht und Sprachen unterrichtet.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.