Industrieländer lagern Umweltschäden großteils aus

Die reichen Industrieländer konsumieren viele Nahrungsmittel, deren Produktion oft schädlich für die Umwelt ist. Den Großteil dieser Schäden haben sie laut einer neuen Studie in andere Weltregionen ausgelagert – nach Mittel- und Südamerika, Asien und Afrika.

Das berichtet ein Team um Nina Eisenmenger und Karlheinz Erb von der Universität für Bodenkultur (Boku) im Fachjournal „Nature Ecology and Evolution“.

90 Prozent wirken woanders

Die Forscher untersuchten, welche Auswirkungen die Land- und Forstwirtschaft im „reichen Norden“ bzw. im „armen Süden“ auf die Artenvielfalt und auf wichtige Ökosystem-Funktionen wie die Speicherung von klimaschädlichem Kohlenstoff hat. Sie analysierten unter anderem, wo die Produkte konsumiert werden und wo die Umweltschäden zurückbleiben.

90 Prozent der Umweltschäden, die ein Bürger eines hoch entwickelten Landes wie Österreich durch den Konsum landwirtschaftlicher Produkte verursacht, wirken demnach in ganz anderen Erdregionen. Zwischen 2000 und 2011 hätten die industrialisierten Länder somit fast die gesamten negativen Umweltauswirkungen zur Produktion der konsumierten Güter in andere Länder ausgelagert.

Schwellenländer holen Industriestaaten ein

Der große Verlierer war der Artenreichtum in Süd-und Mittelamerika. Aber auch in Afrika und Asien schrumpfte die biologische Vielfalt massiv. Zu einem Drittel war dafür die Rinderzucht verantwortlich. Wenn man einen Burger mit Fleisch von Rindern von südamerikanischen Weiden isst, schädigt man also dort die Umwelt, denn damit die Tiere dort weiden konnten, wurden Wälder gerodet.

Aber auch der Konsum von heimischen Rindern sei nicht besser. Diese werden nämlich mit Soja aus solchen Regionen gefüttert, das auf Ackerland wächst, für das ebenfalls Wald weichen musste. Der Schaden ist vergleichbar groß, so die Forscher. Zusätzlich würde die verbleibende Artenvielfalt durch Pestizid- und Düngereinsatz weiter belastet.

Das globale Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum beschleunigt den Prozess. Zusätzlich wächst der Hunger nach ferngehandelten landwirtschaftlichen Produkten in den Schwellenländern, berichten die Forscher. Jene schicken sich an, die Industriestaaten als Hauptverantwortliche für Biodiversitätsverluste einzuholen.

Kleine Lichtblicke

Zwischen 2006 und 2009 nahm der Verlust der Artenvielfalt zwar ab, doch das ist auf einen leicht reduzierten Konsum in Nordamerika und Westeuropa während der Weltwirtschaftskrise zurückzuführen und kein Wandel zu nachhaltigeren Lebensweise, erklären die Forscher. „Ein kleiner Lichtblick ist aber, dass alle Weltregionen effizienter wurden und die Umweltschäden pro erwirtschaftetem Dollar abgenommen haben“, so Eisenmenger. Die Weltwirtschaft und -bevölkerung wachsen aber so schnell, dass dieser kleine positive Effekt nicht wirklich zum Tragen kommt.

Die Forscher fordern, dass die indirekte Verantwortung von Konsumenten für Umweltauswirkungen in der Ferne (Telekonnektion) international etwa im Rahmen der Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen (UNO) stärker berücksichtigt werden. „Alle Mitgliedsstaaten sollten ihre Wirtschaftspolitik so gestalten, dass Umweltauswirkungen ihres Konsums in anderen Weltregionen minimiert werden“, meinte Erb.

science.ORF.at/APA

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