Gemüse am Markt
ORF.at/Carina Kainz
Frisches Gemüse

Nächste Wochen für Ernte entscheidend

Staubtrockene Felder, drohende Ernteausfälle und mehr Schädlinge: Die Landwirtschaft hat heuer neuerlich mit den Folgen des ausbleibenden Regens zu kämpfen. Besonders betroffen sind Getreide-, Gemüse- und Erdäpfelbauern. Die nächsten Wochen sind entscheidend.

Das warme, trockene Wetter stellte die Landwirtschaft bereits vergangenen Frühling und Sommer vor große Probleme – eine Fortsetzung wird auch heuer befürchtet. „Wenn sich im Laufe des Frühjahrs keine großräumige Änderung der Wettersituation einstellt, dann ist das Risiko (eines Dürresommers, Anm.) gegeben. Jedoch ist gerade im Frühling die Atmosphärische Zirkulation noch sehr wechselhaft“, sagt Klaus Haslinger, Klimaforscher an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gegenüber ORF.at.

Bleibt der Regen weiter aus, so „könnten sich die Dürreschäden des Jahres 2018 wiederholen oder sogar übertroffen werden“, heißt es in einer Aussendung der Hagelversicherung. Vergangenes Jahr verzeichneten die heimischen Bauern Rekordschäden. Getreidebauern beklagten regionale Ertragsausfälle, auch das Grünland wurde in weiten Teilen des Landes geschädigt. Die Dürreschäden beliefen sich 2018 laut Hagelversicherung auf 230 Millionen Euro.

Vor allem das Flachland leidet

Sehr trocken ist es zurzeit an der Alpennordseite und in flacheren Regionen – etwa Niederösterreich, Oberösterreich und im nördlichen Burgenland. Rund um Wien, in Teilen Niederösterreichs und dem Burgenland sei die Wasserbilanz schon von Haus aus unausgeglichen, weil die Verdunstung im Jahresmittel oft die Niederschläge übersteige, so der Bodenforscher Walter Wenzel vom Institut für Bodenforschung der Universität für Bodenkultur (BOKU) zur APA. Durch die auf den Klimawandel zurückgeführten häufiger und länger auftretenden Trockenperioden werde die Situation dort verschärft.

Grafik zur Trockenheit in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Österr. Hagelversicherung

Verheerend sind die Folgen etwa für die Getreideernte. In Ackerbauregionen in Niederösterreich würden die Alarmglocken bereits läuten, sagt Manfred Weinhappel von der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer gegenüber ORF.at. Schäden seien für Wintergetreidearten wie Winterweizen und Gerste zu erwarten. „Wie mies es wird, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Gut wird es jedenfalls nicht mehr“, so Weinhappel. Große Schäden erwarten auch Heu- und Gemüsebauern in Salzburg – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Drahtwürmer schaden Erdäpfelernte

Auch Kulturarten wie Mais, Soja, Kürbis und Erdäpfel – Letztere beginnen in den kommenden zwei Wochen mit der Knollenbildung – benötigen dringend Niederschläge. Ein einziger Regentag, wie der Dienstag, reiche nicht aus, so Weinhappel. Das Wasser vertrockne so schnell, dass es die Wurzeln der Pflanzen gar nicht erreichen könne – damit könnten diese nicht ankeimen und wachsen. Doch ganz so dramatisch sei die Situation für Soja und Co. derzeit noch nicht.

Drahtwurm in Kartoffel
Getty Images/Lyubov Demus
Die Landwirte stöhnen unter der wochenlangen Trockenheit, die die Ausbreitung des Drahtwurms weiter befördert

Erdäpfelbauern bringt die Trockenheit unter anderem deshalb zum Stöhnen, weil diese die Ausbreitung des Drahtwurms, der die Erdäpfel unansehnlich macht und deren Geschmack negativ beeinträchtigt, weiter befördert. Grund dafür ist, dass der Drahtwurm sich die Feuchtigkeit aus dem Erdapfel holt, wenn diese in der Erde nicht gegeben ist.

„Die Trockenheit macht die Erdäpfel schrumpelig, sie kommen schon sehr trocken ins Lager und fangen dadurch auch früher zu keimen an“, beklagt Manfred Schauer, der Obmann der Erzeugergemeinschaft Eferdinger Landl-Erdäpfel. Gerade in den letzten Jahren würden die Bauern den Klimawandel stark spüren, so Schauer – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Bauern wollen Erleichterungen bei Spritzmitteleinsatz

„Der österreichische Markt kann somit erstmals nicht durchgehend mit heimischen Erdäpfeln versorgt werden“, sagt Franz Wanzenböck, Obmann der Interessengemeinschaft Erdäpfelbau (IGE). Die Landwirte hätten 130.000 Tonnen an Erdäpfeln aussortieren müssen, was ihnen einen Umsatzverlust von 40 Mio. Euro beschert habe, so Wanzenböck im „Kurier“.

Gemeinsam mit dem niederösterreichischen Bauernbund fordert er Erleichterungen beim Einsatz von Spritzmitteln – am Donnerstag wurde in Wien demonstriert – mehr dazu in noe.ORF.at. Die steirischen Erdäpfelbauern fordern zudem Chancengleichheit mit Importprodukten aus Nicht-EU-Ländern – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Ungewöhnlich groß ist durch die Trockenheit in einigen Regionen auch die Waldbrandgefahr. Seit Tagen halten Brände von Hecken, Bäumen und Wäldern die Feuerwehren in Oberösterreich in Atem. Die Waldbrandgefahr sei nicht nur durch Trockenheit ungewöhnlich groß, warnen die Feuerwehren. April und Mai gelten als kritische Zeit, „weil die Bäume im Saft stehen“ – mehr dazu in ooe.ORF.at. In Niederösterreich wurde vor den Osterfeiertagen deshalb auch vor erhöhtem Risiko bei Osterfeuern gewarnt – mehr dazu in noe.ORF.at.

Regen am Wochenende soll helfen

Leichte Abhilfe gegen die aktuelle Trockenheit in Österreich soll Regen in den kommenden Tagen bringen. Laut Prognosen der ZAMG soll es im Norden Österreichs mancherorts zwischen fünf und 20 Millimeter (entspricht Liter pro Quadratmeter) regnen. Ab Freitagnachmittag würden kleinräumig auch bis zu 40 Millimeter erwartet.

Laut der ORF-Wetterredaktion soll es gegen Wochenende unbeständig werden – mehr dazu in wetter.ORF.at. „Ein paar Millimeter Regen sind wie ein Tropfen auf einem heißen Stein“, so Haslinger. Zumindest eine feuchte Periode von einer Woche sei für die Landwirtschaft notwendig. Starkregen sei jedoch unerwünscht.

Mehrere Länder von Trockenheit betroffen

Auch in Deutschland und Schweden wird aktuell mit den Folgen der Trockenheit gekämpft. In Deutschland warnten Meteorologen bereits vor einem weiteren Dürresommer. In Schweden wird seit Ostern mancherorts gegen Wald- und Flächenbrände gekämpft. Auch im benachbarten Norwegen wurden Brände gemeldet. In Frankreich war zuletzt auch das berühmte Loire-Schloss Chenonceau bedroht. Der ungewöhnlich niedrige Pegel des Flusses Cher sei eine Gefahr für das Fundament des Schlosses, hieß es vergangene Woche.

Hilfe stellte nun die EU-Kommission in Aussicht. „Natürlich sind wir besorgt über die dramatischen Änderungen der Wettermuster in den vergangenen Jahren“, sagte Agrarkommissar Phil Hogan am Donnerstag in Brüssel. Voriges Jahr hatte die EU-Kommission unter anderem die vorzeitige Auszahlung von Agrarhilfen ermöglicht.